Mein Ziel für diesen Blog

Portrait von mir und Nachwuchs
Weil es auch die nächste Generation betrifft

Hallo Besucherin und Besucher,

da du gerade meinen Blog liest, interessierst dich für die Landwirtschaft und regionale Ernährung genauso wie ich. Und das ist schön, denn kaum ein anderer Bereich hat noch so viel Potential zur Entwicklung, wie die Agrarwirtschaft. Ist das nicht seltsam, wo wir doch seit mehr als 10.000 Jahren1)Landwirtschaft begann im Amazonas vor 10’000 Jahren. Universität Bern, 8. April 2020, abgerufen am 24. Juli 2020. nichts anderes getan haben, als das Feld zu pflügen und in bäuerlichen Gesellschaften zu leben?

Warum der Bauernhof kein Paradies ist

Als die frühmenschlichen Jäger und Sammler die Wälder verließen und in den Ebenen und Flusstälern eine neue Lebensform einleiteten, entwickelten wir uns erstmals kulturell schneller als biologisch. Menschen lebten von da an zunehmend in einer Agrargesellschaft und im Vergleich zu unserer 2 Millionen Jahre langen Lebensweise als Wildbeuter ist dies noch immer eine sehr junge Entwicklung.

Doch von Naturromantik, wie wir sie heute mit dem Leben auf dem Bauernhof verbinden, war lange keine Spur. Der Prozess war so schmerzhaft und mit Leid durchzogen, dass Wissenschaftler die biblischen Vertreibung aus dem Paradies als das Menschheitstrauma der Agrarisierung deuten. Mit der Domestizierung von Tieren gingen neue Erkrankungen auf den Menschen über2)Das Tagebuch der Menschheit: Was die Bibel über unsere Evolution verrät. Van Schaik, C. & Michel, K. (2016)., mit der Feldbestellung entstand erstmals das Konzept des Besitzes, der kriegerisch verteidigt werden musste, mit engen Familienverbänden entstand das Patriarchat, mit der Abhängigkeit von einem festen Standort und dem Wetter kam der Hunger.

Warum wir heute noch keine optimale Landwirtschaft gefunden haben

Unsere größte Stärke ist unsere Anpassungsfähigkeit3)Defining the ‘generalist specialist’ niche for Pleistocene Homo sapiens. Roberts, P., Stewart, B.A. Nat Hum Behav 2, 542–550 (2018), abgerufen am 27. Juli 2020. und so optimierten wir über Jahrhunderte hinweg die Agrarwirtschaft, kreuzten Tiere und Pflanzen immer effizienter. An den grundsätzlichen Abläufen einer bäuerlichen Gesellschaft änderte sich jedoch lange Zeit sehr wenig.

Bis mit Beginn der Industrialisierung im 18. Jahrhundert geradezu explosionsartig die alten Traditionen aufgebrochen wurden. Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Zeitersparnis wurden unsere obersten Gebote, die heute noch gelten. Mineraldünger sorgten für einen Produktivitätsschub in der Landwirtschaft aber auch für Grundwasserbelastung, rentable Monokulturen ersetzten nach und nach Artenvielfalt mit all ihren Folgen für die Tierwelt, industrielle Landwirtschaft optimierte den Gewinn in Relation zu einer Arbeitsstunde und Supermärkte machten die regionale Selbstversorgung obsolet. Das diese umfassende Transformation bäuerlicher Strukturen neben der Sicherstellung unserer Ernährung auch viele Schattenseiten hat, erfahren wir mittlerweile fast täglich in Medienberichten.

Woher unsere Unzufriedenheit mit unserer Ernährung kommt

Seit Aufkommen der Agrarindustrie haben wir immer effektivere Produktionsmethoden und trotzdem wächst in uns die Unzufriedenheit, sowohl auf Seiten der Landwirte als auch bei den Konsumenten. Die Technologisierung und Digitalisierung der Agrarwirtschaft scheint eine Sackgasse, je effizienter wir produzieren, desto mehr sinken die Erzeugerpreise4)Historical Analysis of the Effectiveness of AKST Systems in Promoting Innovation, Weltagrarbericht 2008, abgerufen am 27. Juli 2020., mangelnde Artenvielfalt und Massentierhaltung brachten neue, unvorhersehbare Plagen über uns. Landwirte fühlen sich zusehends missverstanden von Politik und Gesellschaft, sie müssen knapp kalkulieren und sehen den Verbraucher in der Verantwortung, einen höheren Preis für nachhaltige Produktionsumstände zu bezahlen. Konsumenten wünschen sich immer mehr Regionalität bei ihren Produkten und Transparenz bei den Themen Tierwohl5)Initiative Tierwohl: Hohe Bekanntheit, viel Zuspruch, Initiative Tierwohl, 31. Oktober 2019, abgerufen am 27. Juli 2020. und ökologischer Erzeugung.

Trotz der gesellschaftlichen Konflikte verabscheuen wir im Grunde alle die schockierenden Bilder vom Kükenschreddern und Schweinekörperkolonnen am Fabriklaufband. Uns ist im Inneren klar, dass diese Lebensweise nicht unserem menschlichen Ursprung als Wildbeuter entspricht, wir bessere Lösungen entwickeln müssen um unsere Ernährung sicher zu stellen, gut zu wirtschaften und eine gesunde Tier- und Pflanzenwelt zu pflegen. Wir wären sogar technologisch so weit, dass wir ganz auf das domestizieren von Tieren verzichten könnten, um die nötigen Nährstoffe zu erhalten6)Beginnt mit Weltraum-Fleisch aus dem 3D-Drucker eine neue Ära der Menschheitsgeschichte?, 1E9, 4. Mai 2020, abgerufen am 27. Juli 2020.. Was hält uns also von der nächsten kulturellen Evolution ab?

Wie kann ich helfen, unsere Landwirtschaft zu verbessern

Ich bin selbst auf einem Bauernhof groß geworden und kenne daher den Blickwinkel von Agrarwirtschaft und Konsumenten. Schon länger frage ich mich, wie die Zukunft der Landwirtschaft aussehen könnte und darüber wird bereits sehr viel kluges geschrieben und geforscht, von Smart Farming, Permakultur und Landwirtschaft 4.0 ist in den Medien längst die Rede. Dennoch beschäftigt es mich, wo jeder von uns im Kleinen eine stille Evolution beginnen kann. Welche LandwirtInnen in meiner Region haben bereits für sich selbst kluge Lösungen gefunden? Auf diese Alltagsheldinnen und -helden möchte ich gerne das Rampenlicht richten. Damit wir von ihrem Vorstoß lernen und sie unterstützen können, mit unserer Zeit, oder auch ganz einfach, indem wir ihre Produkte kaufen.

Ich wünsche dir viel Inspiration beim Lesen und vielleicht nimmst du ja selbst Kontakt mit den hier vorgestellten LandwirtInnen auf oder besuchst regionale Betriebe, um mit eigenen Augen zu sehen, wie dort produziert wird. Über Anregungen oder weitere Adressen zu Exkursionsbetriebe freue ich mich, schreib mir einfach auf servus(at)agrarpioniere.de 

Veronika

Quellenangabe   [ + ]

1. Landwirtschaft begann im Amazonas vor 10’000 Jahren. Universität Bern, 8. April 2020, abgerufen am 24. Juli 2020.
2. Das Tagebuch der Menschheit: Was die Bibel über unsere Evolution verrät. Van Schaik, C. & Michel, K. (2016).
3. Defining the ‘generalist specialist’ niche for Pleistocene Homo sapiens. Roberts, P., Stewart, B.A. Nat Hum Behav 2, 542–550 (2018), abgerufen am 27. Juli 2020.
4. Historical Analysis of the Effectiveness of AKST Systems in Promoting Innovation, Weltagrarbericht 2008, abgerufen am 27. Juli 2020.
5. Initiative Tierwohl: Hohe Bekanntheit, viel Zuspruch, Initiative Tierwohl, 31. Oktober 2019, abgerufen am 27. Juli 2020.
6. Beginnt mit Weltraum-Fleisch aus dem 3D-Drucker eine neue Ära der Menschheitsgeschichte?, 1E9, 4. Mai 2020, abgerufen am 27. Juli 2020.